Einführung zum Thema biogene Rohstoffe

Für die Industrie bieten biogene Rohstoffe neue Chancen.
Zahlreiche innovative Entwicklungen in der Naturstoffchemie und im chemisch-technischen Bereich lassen bereits heute erkennen, daß Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen morgen zum Alltag gehören können. Dazu zählen sowohl primäre Rohstoffe wie Holz als auch Produkte der ersten und zweiten Verarbeitungsstufe wie Cellulose, Stärke, monomere Kohlenhydrate, Chitin, Fette und Öle (auch tierischer Herkunft) sowie - bisher nur in geringem Maße - Proteine.

Der Hauptvorteil von biogenen Rohstoffen ist ihre Neutralität hinsichtlich der globalen Kohlendioxid-Bilanz, die hohe Funktionalität ("Synthesevorleistung der Natur") und in bestimmten Fällen ein besonders günstiges Ökoprofil. Besonders häufig werden biogene Rohstoffe dann eingesetzt, wenn ihre natürliche Funktionalität genutzt werden kann, z. B. bei der Herstellung von Tensiden aus Pflanzenölen oder Kohlenhydraten. Ein Produktbeispiel hierfür ist das Tensid "Plantaren", das in Geschirrspülmitteln eingesetzt wird und durch eine entsprechende Namensgebung und Werbung mit einem natürlichen Image versehen wird. Um die Marktchancen von biogenen Rohstoffen vor allem auf pflanzlicher Basis zu verbessern, werden Anteil und Zusammensetzung von Inhaltsstoffen durch Züchtung oder gentechnisch modifiziert, wie z. B. das Fettsäurespektrum in Raps oder Sonnenblumen. 1995 wurden in der deutschen chemische Industrie etwa 1,8 Millionen Tonnen biogene Rohstoffe eingesetzt, was 10% des Rohstoffeinsatzes entspricht.

Die energetische Nutzung stellt einen weiteren Schwerpunkt dar. Biogene Rohstoffe sind die ältesten Energieträger und spielen auch heute in verschiedenen Teilen der Welt eine entscheidende Rolle. Weltweit wurden 1996 für die Energieversorgung Biomasse mit einem Energieäquivalent von fast 1500 Millionen Steinkohlen verwendet. Für eine Mehrzahl der Entwicklungsländer sind Holz und andere Biomassen die wichtigste Energiequelle. In Europa wird die erneuerbare Energie aus biogenen Rohstoffen im Rahmen des EU F&E-Programms mit dem Ziel gefördert, den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch der Europäischen Union bis 2010 auf 12% zu verdoppeln.

Trotz des unzweifelhaft vorhandenen Erfolges bleibt es erforderlich, neue Einsatzfelder für biogene Rohstoffe und neue Technologien der Veredelung zu entwickeln, um vor allem möglichst hochpreisige Produkte zu erhalten. Ein wichtiges Instrument hierzu ist die Schaffung von Wertschöpfungketten mit Sekundär- und Tertiärnutzung von Rohstoffen, um aus "Abfallstoffen" eines Prozesses neue Wertstoffe für einen Folgeprozeß zu erhalten.Fermenter
Die Einrichtung eines entsprechenden Forschungsschwerpunktes ergänzt Initiativen im Land Mecklenburg-Vorpommern von Unternehmen, Hochschulen, Forschungsanstalten und öffentlichen Stellen und bietet z. B. Ansprechpartner für wissenschaftliche Fragestellungen.

Da die Landwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Land Mecklenburg-Vorpommern ist, kann der Forschungsschwerpunkt neue Nutzungsmöglichkeiten für den Einsatz biogener Rohstoffe identifizieren, sowohl auf dem Gebiet der Grundlagen- als auch der angewandten Forschung. Beispiele, die zwischen den Partnern diskutiert wurden, umfassen z. B. die Gewinnung seltener und damit teurer Zucker aus Fermentationsprozessen unter Verwendung von Stärke z. B. aus Kartoffeln, die Gewinnung hochwertiger Öle oder von pharmakologisch wirksamen Substanzen z. B. aus Leguminosen oder Kleearten sowie Entwicklung wirtschaftlich konkurrenzfähiger Technologien für die energetische Umwandlung und den Einsatz im Verkehrssektor sowie für die Bereitstellung von Elektroenergie und Wärme.

Die Exklusivität des Forschungsschwerpunktes "Biogene Rohstoffe" wird durch den Standortvorteil der Lage Rostocks am Meer, die unmittelbare Nähe zum umliegenden Agrarland und das Fächerspektrum einer Volluniversität mit allen Fakultäten betont. Im Gegenzug wird dadurch die Profilbildung der Universität Rostock unterstützt und ihre Expertise auf aktuellen Forschungsgebieten, aber auch ihre gesellschaftspolitische Verantwortung im Land Meckenburg-Vorpommern und darüber hinaus dokumentiert.
Ein derartiger Forschungsschwerpunkt bietet darüberhinaus ein ideales Disskusionsforum und Anknüpfungspunkte für die Teilnahme an aktuellen Ausschreibungen und Förderprogramm.

Ziele des Forschungsschwerpunktes

Der Begriff Biogene Rohstoffe umfaßt pflanzliche und tierische Rohstoffe und ist daher weiter gefaßt als der in der Vergangenheit gebräuchliche Begriff der Nachwachsenden Rohstoffe, der fast ausschließlich für pflanzliche Rohstoffe verwendet wurde.

Bildnachweis:
1. Dr. G. Boeck, Fachbereich Chemie Universität Rostock
2. Prof. Dr. Steinbrecht, Fachberich Maschinenbau und Schiffstechnik Universität Rostock
3. Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Biotechnologie
4. NORIKA GmbH Groß Lüsewitz